Manchmal ist es an der Zeit, inne zu halten. Der Pfad, den man verfolgt hat, verläuft sich und ist nicht mehr zu erkennen. Man hat das Gefühl, sich verirrt zu haben und sucht nach Anhaltspunkten, um die Orientierung wieder zu finden. Der Jahreswechsel war für mich so eine Zeit. Die Landkarte, die mich bisher auf meiner Reise mit dem Institut für zeitgemäße Arbeit begleitet hatte, erwies sich als nicht praktikabel. Mir wurde klar, dass wir uns als Institut neu orientieren müssen. Gleichzeitig wusste ich noch nicht, in welche Richtung es weitergehen sollte. Was ich allerdings wusste: Dass ich mir für die Weiterreise mehr Wegbegleiter_innen wünsche.
Interessanterweise bin ich mir dabei genau mit der Idee, mit der ich letztes Jahr gestartet war, selbst im Weg gestanden: Eine kleine Gruppe gründen, die sich ein Grundeinkommen organisiert, um sich möglichst frei für ein bedingungsloses Grundeinkommen einsetzen zu können. Damit wir die zeitgemäße Kultur der Arbeit, die wir gesellschaftlich mit einem Grundeinkommen ermöglichen wollen, selbst schon auf dem Weg dorthin leben können. (Wege entstehen indem wir sie gehen.) Ich dachte: Bisher hatten wir es nicht einmal zu dritt geschafft, uns ein Grundeinkommen für diese Mission zu sichern. War es dann nicht der falsche Moment, noch mehr Leute ins Boot zu holen – und damit unser Ziel in noch weitere Ferne zu rücken? Nein, es war/ist genau der richtige Moment, um mehr Leute ins Boot zu holen. Allerdings glaube ich, dass die Idee des Instituts dafür etwas adaptiert werden muss. Ich hatte im letzten Jahr zu sehr im Fokus, wie wir mit dem Institut „Geld verdienen“ können – das hat viel Energie gekostet, die ich wohl besser in die Frage investiert hätte, wie wir im Institut „arbeiten“ wollen.
Wenn also die Idee „wir sind eine Gruppe, die sich zur Ermöglichung ihrer Arbeit ein Grundeinkommen organisiert“ nicht mehr im Zentrum steht – in welche Richtung soll das Institut für zeitgemäße Arbeit dann gehen? Soll das Institut einfach eine weitere Organisation sein, die das bedingungslose Grundeinkommen propagiert? Das scheint mir wenig innovativ. Es gibt Organisationen, wie das „Netzwerk Grundeinkommen“, oder die „Generation Grundeinkommen“ die sich bereits dafür einsetzen. Aber was zeichnet uns dann aus? Was unterscheidet uns? Gerade wenn das Institut wachsen soll, will ich mir darüber im Klaren sein.
Ein Puzzleteil, das seit Beginn im Institut herumschwebt, ist, dass wir uns selbst die Frage stellen, „was würde ich arbeiten, wenn für mein Auskommen gesorgt wäre?“ Das heißt, wir üben uns darin, zu arbeiten, was wir gerne tun. Bleibt nur die Frage, wie das damit zusammen passt, die Vision zu verfolgen, dass jeder Mensch ein bedingungsloses Grundeinkommen erhält. Zugespitzt würde das heißen: Wir tun, was wir gerne tun, aber nur solange es etwas ist, das das Grundeinkommen propagiert. Oder anders gesagt: Wir fragen uns, was wir arbeiten würden, wenn wir ein Grundeinkommen hätten – aber die Antwort darauf muss das Grundeinkommen befördern. Das ist natürlich absurd. Und doch – so wurde mir bewusst – ist diese Vermischung auch in meiner Anfangsidee enthalten: Die Institutsmitglieder sollen ein Grundeinkommen erhalten, damit sie ihre Fähigkeiten möglichst frei einbringen können – für die Einführung eines Grundeinkommens.
Hier braucht es eine klare Trennung. Erstens stellen wir uns selbst die Frage: „Was (und wie) würde ich arbeiten, wenn für mein Auskommen gesorgt wäre?“ Wir tauschen uns regelmäßig darüber aus und unterstützen uns gegenseitig darin, die Antworten darauf schon heute mehr und mehr in die Tat umsetzen. (Für Thomas ist dies derzeit z.B., einen Roman zu schreiben.) Diese Auseinandersetzung muss völlig frei sein – auch von Ansprüchen, dass sie der Einführung eines Grundeinkommens dienlich sein sollen. Zweiten teilen diejenigen von uns, die dies möchten(!), ihre damit gewonnenen Erfahrungen öffentlich. Hier ist es durchaus sinnvoll, das bedingungslose Grundeinkommen als Referenzpunkt zu nutzen. (Zum Beispiel: Was würde sich für Thomas beim Schreiben ändern, wenn er ein Grundeinkommen hätte?) Drittens (und auch das muss optional bleiben) können wir als „Hosts“ anderen Menschen ermöglichen, sich mit der oben genannten Frage auseinanderzusetzen (indem wir z.B. Seminare leiten, oder Kunstwerke schaffen, die diese Frage aufwerfen). Diese Trennung erinnert ein bisschen an Forschung und Lehre im universitären Betrieb – nur dass erstere in unserem Fall eine ganz persönliche, subjektive Forschung ist und letztere kein „belehren“, sondern ein Teilen unserer Erfahrungen sowie ein Fragen Stellen ist.
Die Vision „Jeder Mensch erhält ein bedingungsloses Grundeinkommen“ bleibt bestehen. Sie repräsentiert unsere Überzeugung, dass wir am Besten arbeiten, wenn wir tun, was wir gerne tun. Diese „zeitgemäße“ Art zu Arbeiten wollen wir uns selbst und anderen Menschen mit einem Grundeinkommen erleichtern. Allerdings warten wir nicht auf dessen Einführung und müssen auch gar nicht dafür „kämpfen“. Wir ermächtigen uns selbst, schon heute – so gut es geht – zu arbeiten, was wir gerne tun.