Im Gespräch mit Tobias Krall erzählt Knut van Kneep von seinem Dasein als Hofnarr und warum er jetzt ausgerechnet für das Institut für zeitgemäße Arbeit durch die Lande zieht.
Ich bin etwas überrascht, dass du nackt zum Interview gekommen bist. Läufst du immer so herum?
Nein. Jetzt im Sommer ist das sehr angenehm, aber spätestens im Oktober wird es mir zu kalt. Dass ich heute nackt hier sitze, liegt hauptsächlich daran, dass mein Kostüm nicht rechtzeitig fertig geworden ist. Früher wurde der Narr aber auch mit Nacktheit in Verbindung gebracht – als Symbol für seine Ehrlosigkeit und Verworfenheit. Das habe ich auf Wikipedia gelesen.
Du nennst dich Knut van Kneep. Ist das dein Künstlername?
Das musst du meine Eltern fragen, die mich so genannt haben.
Knut, erzähl mir doch bitte, warum das Institut für zeitgemäße Arbeit einen Hofnarren wie dich auf die Menschheit loslässt!
Die Leute vom Institut leisten tolle Arbeit, aber sie nehmen sich selbst ein bisschen zu ernst. Das trifft übrigens auf fast alle Menschen zu. Natürlich mit Ausnahme von Ihnen, sehr geehrter Herr oder Frau Zuseher! Jedenfalls waren die sehr intelligenten Experten vom Institut wirklich dankbar, einen Trottel wie mich an Bord zu haben. Ich glaube, es zeugt auch von ihrer Verzweiflung.
Wie meinst du das?
Wenn du die Mission hast, Menschen zu motivieren, die Arbeit zu tun, die sie gerne tun – und noch dazu auf eine Art und Weise, die ihnen entspricht, in einem Rhythmus, der ihnen entspricht – wenn du also auf dieser Mission bist, dann kannst du schon leicht verzweifeln. Wir sind als Gesellschaft derart fixiert auf unsere Erwerbseinkommen. Ob Jobs sinnvoll sind, ob sie erfüllend sind, ob die Fähigkeiten der Menschen zur Geltung kommen – das ist alles nebensächlich. Hauptsache du verdienst dein eigenes Einkommen. Wenn du das nicht schaffst, bist du ein Versager. Diese Sichtweise ist dumm, unmenschlich, unwirtschaftlich! Es gibt gar nicht so wenige Jobs, die mehr Schaden anrichten, als sie nützen. Aber dort, wo viel im Argen liegt, schlummert bekanntlich auch das größte Potential. Das muss man sich mal vorstellen! Nein, das ist ja unvorstellbar! Stell dir das mal vor!!! Wenn auf einmal alle einer erfüllenden Arbeit nachgehen, die ihnen auch noch Spaß macht! Wo kämen wir da hin!?
Das Institut für zeitgemäße Arbeit setzt sich auch für ein Bedingungsloses Grundeinkommen ein. Wer macht denn dann unliebsame Arbeiten?
Ich hoffe niemand! Naja, wer sich freiwillig quälen will, soll natürlich weiterhin die Möglichkeit dazu haben. Aber jetzt mal im Ernst: Keine Arbeit ist per se scheiße. Okay, es gibt genügend Scheiß-Jobs! Die Bedingungen dort sind scheiße. Aber Arbeit an sich ist ja immer etwas, wo ich meine Fähigkeiten einsetze, um ein Bedürfnis von jemandem zu befriedigen. Und weder Fähigkeiten noch Bedürfnisse sind scheiße! Bei vielen Arbeiten hängt es sehr davon ab, wie ich sie mache. Das Wie ist entscheidend, ob eine bestimmte Arbeit scheiße oder schön ist. Deshalb sollten wir die Job so gestalten, dass die Schönheit einer Arbeit zur Geltung kommt. Damit können wir sofort beginnen. Ein Bedingungsloses Grundeinkommen wäre der Wink mit dem Zaunpfahl, für alle die das nicht verstanden haben.
Wie kann ich mir deine Arbeit als Hofnarr vorstellen?
Sehr schön!
[Lacht] Beschreib mir doch bitte genauer, wie deine Arbeit aussieht!
Ja, wirklich sehr schön! Naja, ich darf halt so sein, wie ich bin. Ich darf sagen, was ich denke. Ich darf zeigen, wie es mir geht. Ich darf den Leuten einen Spiegel vorhalten. Oft steht ein Elefant im Raum, der offensichtlicher nicht sein könnte – oder eine ganze Elefanten-Herde – aber niemand traut sich darüber zu sprechen. Das ist in vielen Organisationen so. Es ist dann sehr erleichternd, wenn es doch einer tut. In meiner Rolle ist das einfacher. Wenn die Wahrheit zu unbequem ist, muss man mich ja nicht ernst nehmen.
Hast du manchmal Angst, dass dich die Leute irgendwann gar nicht mehr ernst nehmen?
Nein, das wäre nur ein Zeichen dafür, dass ich gute Arbeit leiste.
Wirst du dich jetzt in der Politik und bei Unternehmen bewerben?
Genau umgekehrt! Die Majestäten dürfen sich bei mir bewerben. Ich arbeite sicher nicht für jeden Idioten! Meine Zeit ist kostbar. Wer von mir einen Spiegel vorgehalten bekommen will, muss sich dafür würdig erweisen. Ich finde, so sollte es überhaupt laufen. Wer möchte, dass jemand anderer für ihn arbeitet, sollte sich darum bewerben müssen! Was ich übrigens auch finde: Wir sollten das Interview jetzt beenden, zum See fahren und baden gehen.
Gute Idee! Danke für das Gespräch!